Fr. Mrz 29th, 2024
Halle (Saale): Blick auf die fünf Türme und das Händel-Denkmal. Foto: Ulrich Horb
Halle (Saale): Blick auf die fünf Türme
und das Händel-Denkmal. Foto: Ulrich Horb

Reisen war langwierig und mühevoll, als der 18jährige Georg Friedrich Händel 1703 von Halle aus aufbrach und zunächst nach Hamburg zog. 1706 folgte dann ein vierjähriger Aufenthalt in Italien, anschließend reiste Händel  von Hannover nach London, der Stadt, in der er sich am längsten aufhielt und 1759 auch starb.  Händels Heimatstadt Halle erinnert mit einem Denkmal auf dem Marktplatz, mit vielen Musikveranstaltungen und einem Museum an das wahrhaft europäische Leben, das der Komponist und Musiker führte, der hier seine Jugend verbrachte.


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Halle ist heute mit 241.093 Einwohnern (Stand Dezember 2017) die größte Stadt im Bundesland Sachsen-Anhalt, noch vor der Landeshauptstadt Magdeburg (2016:  238.136 EinwohnerInnen). Und sie ist eine der ältesten: 2006 lud Halle zur 1200-Jahrfeier – ein fränkisches Kastell  wurde bereits 806 urkundlich an einem Ort erwähnt, „der Halle genannt wird“. Woher der Name stammt, ist nicht zweifelsfrei geklärt. Mal wird er in Verbindung zum reichlich vorhandenen Salz gebracht, mal wird der indogermanische Begriff für „Abhang“ herangezogen. Der Reichtum an Bodenschätzen – neben den Salzquellen im Stadtgebiet wurden Steinkohle, Braunkohle und Ton gewonnen – sorgte für wirtschaftlichen Aufschwung und im Mittelalter für ein selbstbewusstes Bürgertum.

Halle (Saale): das Händel-Denkmal. Foto: Ulrich Horb
Halle (Saale): das Händel-Denkmal.
Foto: Ulrich Horb

Fünf dicht beieinanderstehende Türme bestimmten schon zu Händels Zeiten die Stadtsilhouette von Halle.  Einer ist der Rote Turm, ein Glockenturm, dessen Bau 1418 begonnen wurde.  Vier gehören zur Marktkirche, deren Kirchenschiff seit Mitte des 16. Jahrhunderts die Türme von zwei teilabgerissenen Vorgängerkirchen, der St. Gertruden-  und der St. Marienkirche, verbindet.  Mit einem solchen größeren und prachtvollen  Kirchenbau wollte Halles Landesherr, Kardinal Albrecht von Brandenburg, den Reformationsbestrebungen  entgegenwirken. Den spätgotischen Bau hatte Ratsbaumeister Caspar Krafft entworfen.  Die beabsichtigte Wirkung verfehlte er: 1541 wurde von der Kanzel der Marktkirche aus die Reformation eingeführt, Kardinal Albrecht von Brandenburg zog sich nach Mainz zurück. Luther predigte 1545 und 1546 hier, 1546 wurde Luther während des Leichenzugs nach Wittenberg in der Marktkirche aufgebahrt. Eine Totenmaske des Reformators ist in einem kleinen Luthermuseum  im Untergeschoss der Blauen Türme zu besichtigen. Seit 1859 blickt Händel überlebensgroß vom Sockel eines Denkmals am Marktplatz auf seine alte Taufkirche und die fünf Türme.

Hundert Jahre zuvor, am 14. April 1759, war Händel in London verstorben. 42 Opern und 25 Oratorien gehörten zu seiner Hinterlassenschaft. Seine Heimatstadt Halle ehrt den Komponisten jedes Jahr mit einer Reihe von Veranstaltungen. Und es ist kein bloßes Geburtstagsständchen, wenn es im Februar „Happy Birthday Händel“ heißt. Zur gemeinsamen Aufführung von Händels bekanntestem Oratorium Messiah kommen jährlich rund 400 Chorsängerinnen und –sänger aus ganz Deutschland und einigen angrenzenden Ländern  in der 1998 fertiggestellten Georg-Friedrich-Händel-Halle am Salzgrafenplatz zusammen.  Vom 25. Mai bis zum 10. Juni 2018 finden die Händel-Festspiele unter dem Motto  „Fremde Welten“ mit Vorträgen, Konzerten und Opernaufführungen statt.

Halle (Saale): das Halloren-Café und die Tourismus-Information. Foto: Ulrich Horb
Halle (Saale): das Halloren-Café und
die Tourismus-Information. Foto: Ulrich Horb

Händel, der selbst so früh die Stadt verließ, zieht heute Tausende Besucherinnen und Besucher nach Halle. Dabei wäre die musikalische Karriere Händels hier fast gescheitert. Vater Georg Händel,  Leibchirurgus und geheimer Kammerdiener, hatte für seinen Sohn eine juristische Laufbahn vorgesehen, nur die Mutter förderte das  musikalische Talent. Erst ein Besuch beim Herzog von Sachsen-Weißenfels auf Schloss Neu-Augustusburg, wo der siebenjährige Georg Friedrich auf der Orgel spielte, sorgte für die notwendige Fürsprache, um den Vater zu überzeugen, so berichtet es jedenfalls der   Händel-Biograph Mainwaring.

Händels musikalisches Genie sprach sich herum. Der Komponist Georg Philipp Teleman besuchte 1701 den 16jährigen, der ein Jahr später als Organist am Hallenser Dom begann.  1703 zog Händel nach Hamburg, spielte am dortigen Opernhaus Violine und Cembalo. 1705 wurde Händels erste Oper Almira in Hamburg uraufgeführt.   Unterschiedliche musikalische Einflüsse begleiteten Händel nach Italien, wo in Rom, Florenz und Venedig weitere Werke entstanden. Mit der italienischen Oper im Gepäck zog Händel über Hannover nach London.  Dort komponierte er nicht nur, sondern wurde auch Opernunternehmer. Wirtschaftlichen Erfolg  hatte er damit nicht durchgängig, geänderter Musikgeschmack und ein Konkurrenzunternehmen setzten ihm zu. Mehr und mehr wandte sich Händel der Komposition von Oratorien zu. Sein „Messiah“ wurde in Dublin als Benefizkonzert für Verarmte und Kranke uraufgeführt.

Halle (Saale): das Geburtshaus Händels. Foto: Ulrich Horb
Halle (Saale): das Geburtshaus Händels.
Foto: Ulrich Horb

Händels altes Geburtshaus zeigte heute, erweitert um das Nachbarhaus, in einer Dauerausstellung  wichtige Lebensstationen Händels und zahlreiche zeitgenössische Musikinstrumente.  Der Dom und eine Reihe weiterer erhalten gebliebener Häuser geben heute noch einen Eindruck vom mittelalterlichen Stadtkern.  Dazwischen stehen Plattenbauten aus DDR-Zeiten und einige leerstehende Bauten, die noch auf ihre Restaurierung warten.

Halle wird nicht nur von der Musik bestimmt: Mit dem Steintor-Varieté  gibt es hier Deutschlands ältestes Varietétheater, das Thalia-Theater und ein Puppentheater sorgen für Unterhaltung.  Die 2008 eröffnete Moritzburg-Galerie  zeigt eine Dauerausstellung zu  Lyonel Feininger, im  Landesmuseum ist die Himmelsscheibe von Nebra zu sehen.  Die Geschichte der Salzgewinnung dokumentiert das Halloren- und Salinemuseum. Wer es gerne süßer mag, kann eine heiße Schokolade im Halloren-Café am Marktplatz zu sich nehmen.

Auf Nacht-in.Berlin: Xerxes als munteres Verwirrspiel (Komische Oper, Berlin)

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Von Ulrich Horb

Jahrgang 1955, lebt und arbeitet als Journalist und Fotograf in Berlin

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